(OZ v. 9.1.1980)
Die Geschichte eines Ortes wird maßgeblich durch das Handeln seiner Einwohner bestimmt. Einen besonderen Anteil daran hatte der sogenannte mittlere Stand, das Handwerk und die Kaufmannschaft. Leider fehlen für Rügen zusammenhängende Untersuchungen.
Obwohl die Entwicklung Bergens als rügensches Wirtschafts- und Handelszentrum bereits am Ende des 12. Jahrhunderts einsetzte, blieb der Ort stets im Schatten der mächtigen Hansestädte Stralsund und Greifswald. Eine hemmende Rolle spielte auch das Bergener Nonnenkloster, dem die Einwohner u. a. zu Steuern und Abgaben verpflichtet waren und das die Gerichtsbarkeit besaß. Erst Jahrhunderte später, – im Jahre 1613 – konnten sich die Bürger davon befreien und das Stadtrecht erwerben. Ein eigentliches Patriziat mit Bürgerhäusern hat sich in Bergen nie herausgebildet. Es waren zumeist Ackerbürger, die neben dem Handwerk noch Acker und Vieh besaßen.
Die älteste kaufmännische Einrichtung war ein 1232 erwähnter Gasthof (lat. Bezeichnung „taberna“). Hier wurde nicht nur gut und viel getrunken, sondern auch gehandelt – daher trug er die Bezeichnung „dat Kophuß“. Gasthöfe und Ausspann entstanden wenig später in großer Zahl. 1506 gab es bereits 14 derartige „Krüge“ bei vermutlich nur 300 bis 400 Einwohnern.
Aus dieser Zeit stammen auch die ältesten Bergener Bürgernamen, von denen sich einige bis in die Gegenwart erhalten haben: Burmeister, Voß, Wulf, Kankel, Holste, Staneke, Bull, Lange, Ehrke, Frese, Kruse Niemann, Benedict usw.
Erst 1355 bildete sich mit den Schuhmachern die älteste Zunft der Stadt heraus. Die Aufnahme in diese Zünfte war mit einem erheblichen Geldaufwand verbunden, nämlich für ein großes „fressen und sauffen bei gewinnunge des ampts“. Später entstanden die Innungen der Kürschner und Pelzer (1384), Gewandschneider und Tuchhändler (vor 1408), Leineweber, Schlächter, Schmiede, Krämer, Bäcker und Bierbrauer. Zeitweise gab es 14 Brauhäuser in Bergen. Gehandelt wurde auf dem alten Marktplatz, nachweisbar seit 1250. Es gab feste Marktzeiten und Stellplätze. An der heutigen Post standen z. B. die Fischer, vor der heutigen Poliklinik befand sich der Viehmarkt, um den „Ratskeller“ hielten sich die Krämer und in ihm die Tuchhändler auf.
Das wirtschaftliche Aufblühen des Ortes wurde bereits in der Mitte des 15. Jahrhunderts durch zahlreiche Großfeuer (im Ort gab es keine Brunnen) gehemmt, wobei jenes von 1621, die folgenden Pestjahre, Hungersnöte und die Ausplünderung des Ortes um 1630 zu einem Niedergang führten. Bereits 1690 und zu Beginn des 18. Jahrhunderts folgten weitere schwere Brände. Ein erneuter Aufschwung des wirtschaftlichen und kulturellen Lebens trat dann erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts ein. Auch die 1810 vom Kaufmann A. Breitsprecher gegründete Tuchfabrik ging bald wieder ein. Die Bezeichnung „Fabrik“ hielt sich bis heute.
Ein Zeuge der Bergener Vergangenheit – ein vermutlich im 17. Jahrhundert erbautes zweigeschossiges Fachwerkgebäude am Markt. Die Jahreszahl in der Schriftzeile „Erbaut nach dem großen Stadtbrand MDXXXVIII“ (1538) ist umstritten, auch die Fachwerkeinteilung ist willkürlich auf die Wand gemalt. Der Dachboden mit einem Seilaufzug diente früher als Speicher.