(OZ v. 1.4.1976)
Ein historischer Rückblick
Einer der traditionellsten Badeorte Rügens begeht am 1. April ein Jubiläum, das uns Anlass zu einem kurzen historischen Rückblick sein soll: vor genau 70 Jahren vereinigten sich die damaligen Gemeinden Krampas und Sassnitz zu einem Ort.
Das eigentliche Sassnitz (vermutlich vom slawischen Wort Sosna – die Kiefer – herzuleiten) entstand in einer Uferschlucht des Steinbaches als ein Fischerdorf, dessen Bewohner auch als Waldarbeiter Kreidewerker und Torfstecher ihren kargen Lebensunterhalt verdienten. In unmittelbarer Nähe, etwa auf dem Plateau des heutigen Fischereihafens gelegen, befand sich das kleinere Bauerndorf Krampas, dessen Bewohner nebenher etwas Fischerei betrieben.
Die Bevölkerung beider Orte war bereits in früher Zeit durch Heiraten „zu einer einzigen großen Familie“ verwachsen, wie ein Reisender um 1860 schrieb. Mit der weiteren Entwicklung wurden die getrennten Verwaltungen und entstehenden Rivalitäten als konkurrierende Badeorte zu einem Hemmschuh. Nach längerem Bemühen erfolgte dann am 1. April 1906 die Zusammenlegung beider Orte unter dem Namen Sassnitz. Der neue Ort besaß damals 2481 Einwohner und konnte nun Kanalisation und Wasserleitungsbau abschließen. (1908). Elektrisches Licht besaß Sassnitz bereits einige Jahre vor Bergen (1896).
Der Ortsname Krampas ging zwar verloren, fand aber Eingang in der Weltliteratur. So benannte Theodor Fontane, der Sassnitz aufsuchte, eine der Titelfiguren seines Romans „Effi Briest“ (Major von Crampas) nach ihm.
Der Beginn von Sassnitz als Badeort wird wohl aus lokalpatriotischen Gründen sehr früh mit dem Jahre 1824 verbunden. Damals verlebte hier der Berliner Prediger Friedrich Schleiermacher , eine der bedeutendsten Persönlichkeiten seiner Zeit, mit seiner Familie einige Wochen.
Eingehende Schilderungen verdanken wir dem Neubrandenburger Naturforscher Ernst Boll, der zwischen 1844 und 1857 das Seebad Krampas mehrfach aufsuchte. 1857 besaß Saßnitz etwa 200 Badegäste, während das ursprünglich bedeutendere Krampas nur fünf zählte.
Vor allem die reizvolle Umgebung, die günstige klimatische Lage und die Entwicklung des Hafens als „Tor des Nordens“ machten Sassnitz zum größten und exklusivsten Badeort Rügens um die Jahrhundertwende.
Das Publikum gehörte natürlich den begüterten Schichten der Bevölkerung an, von denen bereits Ernst Boll Beamte, Militärs, Kaufleute Rentiers und die „Menge des Adels“ als dominierend hervorhob- Seit 1878 gesellten sich auch Angehörige der kaiserlichen Familie hinzu. So hatte sich Sassnitz zu einem mehr oder weniger feudalen Bad entwickelt, dessen Kurleben als „elegant, zum Teil geräuschvoll und ziemlich teuer bezeichnet wurde. Da ein eigentlicher Sandstrand fehlte, konzentrierte sich alles auf die Strandpromenade mit dem Kurpavillon Miramare und den Hafen mit seinem lebhaften Bootsverkehr. 1912 besaß der Ort bereits 26 000 Gäste. Das entsprach einem Viertel aller Rügenschen Badegäste!