Sagenumwobenes Ralswiek – Ein historischer Streifzuge durch die Jahrhunderte

(16.6.1976) Zu den historisch bedeutsamsten Orten Rügens gehört der kleine Ort Ralswiek, unweit Bergen gelegen, inmitten einer reizvollen Landschaft. Bereits im 18. Jahrhundert schwärmte ein romantisch veranlagter Reisender „ … und zwischen düsterbraunen Bergen ging das anmutige Ralswyk auf, wie ein goldener Morgentraum vor die schwärmende Seele tritt“.

Es war aber weniger die Schönheit der Natur, als vielmehr die geschützte, günstige Verkehrslage mit einem Hafen, der bereits die slawischen Bewohner Rügens seit dem 9. Jahrhundert veranlasste, einen Handelsplatz anzulegen. Bedeutende wissenschaftliche Ausgrabungen erbrachten nahezu sensationelle Ergebnisse, über die die „Ostseezeitung“ verschiedentlich berichtete.

Bild 13. Reste eines wikingerzeitlichen  Bootes. Aufnahme 1970

Reste eines wikingerzeitlichen Bootes aus dem 10. Jahrhundert. Ausgrabung: Dipl.-Prähist. P. Herfert, Bergen, 1970

Diese Tradition setzten auch die Dänen fort. Nach ihrer Eroberung Rügens im Jahre 1168 wurde Ralswiek das Zentrum der dänischen Verwaltung. Hier ließ sich der bischöfliche Vertreter, auch als Landprobst bezeichnet, nieder, da Rügen zum Bistum Roeskilde (30 km westlich Kopenhagens gelegener Bischofssitz) kam. Die Kirche erhob von allen Ortschaften eine Naturalsteuer, den sogenannten Bischofsroggen. Um 1500 wurden die bischöflichen Güter, dazu gehörten u. a. Gnies, Bischofsdorf, Kontop und Putgarten, und die Roggenabgabe an das Geschlecht derer von Barnekow verpachtet und später zu erblichen Lehen gegeben.

Bild-14.-Ralswiek.-Altes-Propsteigebäude.-Aufnahme-2010

Ralswiek. Altes Propsteigebäude, 2010

 

Erst die bürgerlich-demokratische Revolution von 1848 leitete die Beseitigung dieser Feudallast ein. Jedoch mussten sich die Bauern durch eine Geldrente loskaufen. Da sie nicht über genügend Geld verfügten, zog sich dieser Prozess bis 1894 hin. Ein Zeuge aus dieser Zeit feudalistischer Herrschaft ist noch das renovierte Wohnhaus des ehemaligen Probsteihofes als Magazin der Roggenabgabe. Rundbögen gliedern die Fassade, in die einige Fester neu eingebrochen sind. Das Gebäude gehörte dem Jahrhundert an und es dient heute als Oberschule.

In unmittelbarer Nähe schließt sich ein Gutspark an, der einen bemerkenswerten Baumbestand (Kaukasusfichte, Säulentaxus, Scheinzypresse usw.) aufweist und weite Blicke über den Jasmunder Bodden gestattet. Hier fanden zwischen 1959 und 1961 auf einer Freilichtbühne, so wie auch heute wieder, die „Rügenfestspiele“ statt. Tausende Besucher nehmen dabei Anteil an Leben und Kampf des Klaus Störtebecker.

Das im englischen Stil zwischen 1893 und 1894 errichtete Schloss des Grafen Douglas, der zwischen 1891 und 1893 die Besitzung Ralswiek erwarb, dient heute als Feierabendheim.

Die hügelige Landschaft zwischen Ralswiek und der Fernstraße nach Sassnitz mit ihren tiefen Erosionsrinnen war noch um 1800 mit „schwarzem dichten Heidekraut gepolstert“ und erst in jüngerer Zeit aufgeforstet. Zahlreiche Hügelgräber aus der slawischen Epoche geben ein charakteristisches Gepräge und den Namen „Schwarze Berge“.

So ist dieser Landstrich außerordentlich Sagen umrankt. Da gibt es den Nachtjäger, der als Drache mit feurigem Schweif auftritt, und die Überlieferung, dass hier früher Gericht gehalten wurde.

Am bekanntesten aber sind einige Zwergen-Sagen. Hier lebten die weißen Zwerge. Sie waren Christen und bildeten den „Königsstamm unter den Zwergen Rügens. Als König wählten sie ein Menschenkind. Ein Schäfer aus Patzig raubte ihnen bei einer Hochzeit einen Goldbecher.

Abseits davon, bei Jarnitz und Gnies, liegen drei große Hügelgräber, von denen einige durch den Gutsherren geöffnet und später als Fixpunkte der Gedenkfeuer beim Sedanstag gedient haben. Das Grab bei Gnies trägt nach der Sage von der untergegangenen Ortschaft Liecham (d. h. Leichnam) seinen Namen.

 

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