Mit Kegelmütze, Schnürleib und Kniehosen

(OZ v. 28.4.1977)

Jahrhundertealte Mönchguter Tracht, Im Göhrener Heimatmuseum wird sie aufbewahrt

Zu den bekanntesten Erscheinungen der der rügenschen Volkskultur gehört die Mönchguter Tracht, die gewissermaßen als das rügensche Symbol Eingang in die Werbung und in den Tourismus fand. Die DDR würdigte diese Tracht sogar durch die Ausgabe einer Briefmarke als Zusammendruck von Frauen- und Männertracht. Die beste Information vermittelt jedoch das Göhrener Heimatmuseum. Hier ist es der langjährigen Leiterin Ruth Bahls zu verdanken, dass mit Akribie und unter großen Schwierigkeiten sämtliche Trachtteile zusammengestellt und der Öffentlichkeit zugängig gemacht wurden.

Historische Postkarte, ca.1910

Historische Postkarte, ca.1910

Die Tracht, die als „einfach und zweckmäßig, zurückhaltend und sparsam in den Farben“ bezeichnet wird, verkörpert nach einigen Wissenschaftlern „Ernst und Würde, und jene Schlichtheit, die Zeichen der Anspruchslosigkeit …“ ist. Sie wurde fast ausnahmslos im Haushandwerk hergestellt und ließ sich von Prinzipien strenger Sparsamkeit leiten. Das typische der Frauentracht bestand in einer kegelförmigen Mütze, dem Schnürleib, buntfarbigen Kanten- und dunklen Oberröcken. Ein bunt gestreiftes Mieder war mit Perlen besetzt und galt als eigentliches Zierstück der Tracht. Für die Männer war die bunt gestreifte Weste, eine offene Drillichjacke, und weite Kniehosen charakteristisch.

Da die frühesten Nachrichten zur Mönchguter Tracht erst 1730 einsetzten und genauere Beschreibungen sogar erst um 1800 erfolgten, bleibt ihre Entstehung und Herkunft eine noch weitgehend ungeklärte Frage. Nach älterer Auffassung – neuere Forschungen fehlen leider – bildete sich diese Tracht seit dem späten 16. Jahrhundert heraus und nahm besonders im 19. Jahrhundert verschiedene neue Kleidungsstücke auf (z. B. den Strohhut und die Perlenstickerei bei der Frau, Zylinderhut, Schirmmütze und langer Überrock für den Mann).

Weniger bekannt ist, dass eine ähnliche Tracht noch bis 1800 auf Ummanz und Hiddensee getragen wurde. Vermutlich weisen diese drei Trachtengebiete auf eine ursprünglich weit verbreitete, einheitliche Tracht im südlichen Ostseeküstengebiet (ähnliches gab es auch auf dem Darß und auf Usedom). Die Tracht hielt sich nur in kirchlichen Ländereien mit einer kulturellen und verkehrsmäßigen Abgeschlossenheit – Ummanz, Hiddensee und Mönchgut waren Klosterbesitz im Mittelalter. In den anderen gebieten vernichtete die verschärfte Ausbeutung seit dem 16. Jahrhundert das selbständige Bauerntum (sog. Bauernlegen und Entstehen der großen Güter mit Landarbeitern) und verhinderte die Ausbildung bzw. den Bestand einer bäuerlichen Tracht.

Historische Postkarte, 1901

Historische Postkarte, 1901

Verschiedentlich, so auch auf Rügen, versucht man im 20. Jahrhundert durch Trachtenfeste eine Konservierung dieser Kultur zu erreichen, allerdings ohne Erfolg. Während 1914 noch zehn Prozent der Bevölkerung Mönchguts die Tracht anlegten, waren es 1930 nur noch 55 ältere Leute. Nach 1945 sah man verschiedentlich noch manches praktische Kleidungsstück, wie die weiten Kniehosen und den Handschuh mit den beiden Daumen (sog. Dümlings), obwohl noch größere Trachtenteile zum Familienerbe gehörten. Die Binzer Likedeeler und die Tanzgruppe von Alt-Reddewitz sorgten in den 70er und 80er Jahren dafür, dass die Mönchguter Tracht nicht völlig in Vergessenheit geriet.

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