Archäologische Denkmale auf Rügen

(OZ v. 2. und 8.4.1987) Zu den bemerkenswertesten Erscheinungen Rügens aus ur- und frühgeschichtlicher Zeit gehören die Hügelgräber, im Volksmund auch als „Hünengräber“ bezeichnet. Sie haben sich auf Rügen besonders zahlreich erhalten und prägen maßgeblich das Landschaftsbild.

1973 wurden noch 561 Gräber erfasst, die erstmalig die DDR-Regierung 1954 unter Denkmalschutz gestellt hatte. Ein erneuter Denkmalschutz des Landes Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jahre 1992 sichert ihren Schutz. Auch sie gehören dem nationalen und kulturellen Erbe an. Hier ist nun Verantwortung und Pietät sowie das historische Verständnis aller örtlichen Gemeindevertretungen, aber auch der landwirtschaftlichen und Industriebetriebe gefordert, auf deren Gelände derartige Zeugnisse unserer Vergangenheit liegen.

Bild-19.-Königsstuhl.-Zugang-über-ein-Hügelgrab.-Aufnahme-19841

Gerade hinsichtlich eines ausgeprägten Tourismus und dem in den letzten Jahren gewachsenen Verständnis für den Denkmalschutz können wir auf Rügen optimistisch künftige Aufgaben lösen. Es sei jedoch mit allem Nachdruck betont, dass jegliche Veränderungen, Einbauten, Abholzungen, Anpflanzungen usw. grundsätzlich nur in Abstimmung mit den zuständigen Behörden durchgeführt werden dürfen.

Die Sitte, Tote in mitunter gewaltigen Hügeln beizusetzen, war in einem älteren Abschnitt der sogenannten Bronzezeit (1800 bis 1000v. Chr.) üblich. Jedoch auch die slawische Bevölkerung Rügens bestattete ihre Verstorbenen unter Hügeln. Der beste Beweis ist das slawische Hügelgräberfeld von Ralswiek.

Der Aufbau der bronzezeitlichen Hügel ist heute durch zahlreiche Ausgrabungen bekannt. Die Einfassung erfolgte durch eine sehr präzise angelegte kreisförmige Steinsetzung. In der Mitte wurde das Haupt- oder Zentralgrab eingetieft und der oder die Tote unverbrannt, mit einer Wegzehrung, wenigen Geräten, Schmuck und Waffen aus Bronze oder Feuerstein beigesetzt. Die Gräber sind in der Regel sehr spärlich ausgestattet, Holz, Felle oder andere organische Stoffe haben sich nicht erhalten. Edelmetall fehlt.

Das Zentralgrab wurde dann durch eine Steinpackung abgedeckt und mit einem Erdhügel von mehreren Metern Dicke – die Arbeit einer oder mehrerer Sippen – zugeschüttet. Diese Hügelgräber haben oft eine besondere Lage an markanten Geländestellen. Sie sollten mahnen und schützen, man sollte der Toten gedenken. So finden wir sie an der Ostseeküste, auf Bergkuppen oder an ursprünglichen Wegläufen.

Bild-18.-Stubbenkammer.-Hügelgrab.-Frühjahr-19671

Die schönste Lage hat wohl das Hügelgrab auf Stubbenkammer, das den Zugang zur Aussichtsfläche markiert. Es ist weitgehend abgestürzt. Am bekanntesten ist das 10 m hohe Hügelgrab „Dobberworth“ bei Sagard, heute direkt an der Chaussee nach Sassnitz gelegen.

Weitere bemerkenswerte Hügelgräber liegen bei Woorke, in der Stubnitz, bei Nadelitz, Nistelitz, um Putbus.

Der ursprüngliche Bestand an Grabhügeln auf Rügen dürfte mit 2000 Denkmalen nicht zu hoch geschätzt sein. Viele wurden abgetragen, um Erdlöcher aufzufüllen oder eine bessere Bewirtschaftung der Ackerfläche zu erreichen. Dennoch ist auffallend, dass der Westen Rügens und auch auf Wittow keine Grabhügel aufweisen. Diese Gebiete waren vermutlich in der Bronzezeit siedlungsleer.

Die Hügelgräber spielten in der Volkskultur früher eine große Rolle. Sie hatten ihre Eigennamen, von denen sich mancher bis heute gehalten hat. Dazu kommen viele Sagen, Anekdoten und Geschichtchen, die man sich früher erzählte und die den hintergründigen und humorigen Volkscharakter der Landbevölkerung widerspiegeln. Einige dieser Sagen fanden auch in modernen Fernsehdokumentationen über Rügen ihren Widerhall.

So trägt eine Gruppe von drei Hügeln bei Prosnitz den Namen „Himmel von Prosnitz“. Nach der Überlieferung sollen im mittleren Hügel ein Herzog, in den beiden anderen Grabhügeln seine beiden Frauen bestattet sein. Dagegen kennzeichnet das Hügelgrab „De Licham“ (Leichnam) bei Gnies einen untergegangenen Ort. Am engsten aber sind die Grabhügel mit dem Leben der „Unnerirdschen“ (der Zwerge) verbunden. Offenbar war Anlass dieser Sagen das Gelegentliche Auffinden von Tongefäßen und Geräten beim Abtragen der Hügel. Eine besondere Gruppe der Unterirdischen lebte in den „Neun Bergen“ zwischen Rambin und Samtens. Von diesen neun Hügelgräbern sind heute noch zwei erhalten und von der Bahnstrecke aus gut sichtbar.

Die „Unneridschen“ lebten aber auch in den Ralswieker Bergen und im „Dobberworth“. Die Sage berichtet, dass ein Bauer den Auftrag hatte, Getreide in den geöffneten Hügel zu bringen. Dafür erhielt er den Pferdewagen voller Goldmünzen, aber zugleich die Aufforderung, sich beim Hinausfahren nicht umzudrehen. Er tat es dennoch und entkam zwar mit Pferd und Vorderwagen, den Hinterwagen mit dem Gold hatte jedoch der „Dobberworth“ verschlungen.

Bild-17.-Nobbin.-Großsteingrab.-Aufnahme-K.-Hamann-Berlin1

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