(OZ v. 26.5.1977) Zu den Arbeiten der Akademie der Wissenschaften zu Berlin zur Erforschung der slawischen Geschichte Rügens gehört auch eine Untersuchung der Burg „Rugard“ (d. h. Ranen- oder Rügenburg). Die Slawen erbauten hier auf einem schmalen, nach drei Seiten jäh abfallenden Höhenrücken von über 90 Meter über dem Meeresspiegel, eine geschickte Verteidigungsanlage, von der mächtige Erdwälle bis zu 10 Meter Höhe längs des Weges nach Buschvitz zeugen. Die Burg war zweigeteilt. Die höher gelegene „Hauptburg“ trägt heute den Arndt-Turm und die Gaststätte. Die um eine Drittel kleinere Vorburg – hier befanden sich vor einigen Jahren Tiergehege – wird von schwächeren Erdwällen zangenartig umgeben und besitzt noch zwei alte Zugänge.
Die Burg bestand mit Sicherheit noch im 11. und 12. Jahrhundert und scheint später, neben Garz, zeitweiliger Sitz der rügenschen Fürsten gewesen zu sein. Man bezieht sich dabei auf eine Urkunde eines Jaromar II. von Rügen, der diese 1258 mit der Ortsangabe „datum Ruygart“ versah. Wenige Jahrzehnte später nennen Urkunden eine Kapelle auf dem Rugard, die 1291 dem Bergener Kloster geschenkt wurde. Die Kirche auf dem „Rygharde“ soll 1380 abgerissen worden sein.
Leider lassen die modernen Bebauungen in der Hauptburg keine größeren Aufschlüsse zur mittelalterlichen Geschichte erwarten, zumal später hier auch eine Mühle stand und die Innenfläche beackert wurde. Allerdings weisen bemerkenswerte Funde, wie ein romanisches Türschloss, arabische Münzen, ein Bildstein unbekannter Form u. a. auf die Bedeutung der Burg hin. Wir dürfen daher in ihr den Verwaltungsmittelpunkt des slawischen Burgbezirkes Gora (deutsch Bergen) sehen, dessen Funktion sich mehr und mehr auf die entstehende Stadt Bergen übertrug.
Dieses historische Bild ist jedoch noch sehr ungenau. Die Erforschung der Umgebung des Rugard nach eventuellen slawischen Siedlungen und das Verhältnis zur Stadt Bergen sind noch zu klären. Lediglich der Stadtteil Gattmund dürfte eine slawische Wurzel besitzen. So sollten Bodenfunde bei Bau- und Erdarbeiten (Scherben, dunkle Verfärbungen u. ä.) sofort dem Kulturhistorischen Museum Stralsund gemeldet werden.
In den folgenden Jahrhunderten besaß der Rugard eine geringe Bedeutung. Er gelangte in den Besitz der Fürsten von Putbus. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts errichtete die französische Garnison die ersten Bänke und Ausflugspunkte. Bald entstand die „Gastwirtschaft am Rugard“, die als einfache, aber gute Wirtschaft gelobt wurde. Im vorigen Jahrhundert endeten hier sehr oft Umzüge der Bergener. Auf dem Rugard fanden Sportveranstaltungen unter dem Motto „Muth, Kraft, Fleiß, Ausdauer!“ statt. Der Rugard wurde ein beliebtes Ausflugsziel der Einheimischen und der Stralsunder.
Pfingsten 1889 wurden allein an einem Tag 130 Kutschfahrten vom Bahnhof zum Rugard gezählt. Mit dem Bahnbau nach Sassnitz und Putbus verlor die Stadt Bergen als Ausflugsort an Bedeutung.