Die „Frankfurter Allgemeine Tageszeitung“ Nr. 34 vom 27. August 2017 warb für den Kauf einer „Penthouse-Eigentumswohnung“ für bescheidene 681 200 Euro. Immerhin es sind drei Zimmer von 103 qm Größe, einer Dachterrasse, Balkon und Sauna! Iris Hegemann aus Berlin ist die Chefin der entsprechenden Berliner Baufirma „Neues Prora“ (http://www.deutschlandfunkkultur.de/prora-auf-ruegen-goldgraeberstimmung-im-ehemaligen-kdf.1001.de.html?dram:article_id=392135). Sie hat 111 Mönche 16 Tage lang 24 Stunden „chanten lassen“ und durch eine „Feng-Shui-Frau“ die Energie spüren lassen. Es gab keine „alten Energien“ mehr aus der NS-Zeit.
Der Begriff „Penthouse“ oder „Penthaus“ kommt aus dem lat. appendix (appendere: anhängen) – und in diesem Falle als Anhänger bzw. Anbau. Bekannt ist der appendix vermiformis als Wurmfortsatz des Blinddarmes. Es gibt aber auch den appendix epiploica – ein Fettgewebe entlang des Dickdarms. Beides unangenehm und unnötig.
Abb. 1. Kaufabsichten in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung
Nr. 34 v. 27. August 2017.
Prora ist heute nur als 4,5 km langes Bauwerk („Koloss von Prora“) der NS-Zeit bekannt. Es sollte einst 20 000 Urlaubern Platz bieten. Baubeginn war der 2. Mai 1936 – das Bauende wurde nicht erreicht, da der Ausbruch des II. Weltkrieges weitere Pläne verhinderte. Erhalten haben sich acht Blöcke von je 550 m Länge und sechs Etagen.
Abb. 2. Prora aus der Luft (http://www.ndr.de/kultur/geschichte/schauplaetze/
Prora-Der-Koloss-von-Ruegen,prora113.html).
1945 sprengte die Rote Armee den Nordflügel, so dass nur noch 2,5 km Gebäude nutzbar sind. Nach 1953 zog die NVA ein und stationierte angeblich 10 000 Soldaten. 1990 zog die Bundeswehr ein, verließ jedoch Ende 1992 das Gelände. 1992 bzw. 1994 stellte man Prora unter Denkmalschutz. Zwischen 2004 und 2012 wurden bzw. werden die Blöcke I und II verkauft. Im März 2012 erwarben Iris Hegerich und Gerd Grochowiak, Berlin-Grunewald, Block I für 2,75 Mio Euro. Es entstehen Eigentumswohnungen für 6 500 Euro pro Quadratmeter (http://www.ndr.de/kultur/geschichte/schauplaetze/Prora-Der-Koloss-von-Ruegen,prora113.html).
Abb. 3. Prora. Einer der leeren Blöcke im Mai 2010. Aufnahme: A. Leube.
Hier ist neben 280 Eigentumswohnungen (zwischen 75 und 135 qm Größe) auch ein Hotel geplant. 34 Penthäuser entstehen auf dem Dach ab 650 000 Euro. Eine 100 qm-Wohnung kostet um 350 000 Euro. Das alles ist „günstig“, da eine steuerliche Abschreibung wegen des Denkmalschutzes möglich ist (http://www.berliner-zeitung.de/panorama/prora-auf-ruegen-penthaeuser-in-hitlers-bettenburg-24872064).
2015 waren bereits 80% aller Wohnungen und am 8. September 2016 95% verkauft – nun werden auch Preise von etwa 4 000 bis 10 000 Euro pro Quadratmeter angegeben (http://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Prora-Luxus-Wohnungen-im-Nazi-Bau,prora252.html). Die Prora Solitaire Immobilien GmbH verkaufte bis 2016 285 ihrer 350 Wohnungen und hatte bereits 91 Mio Euro investiert. Außerdem vermietet der Ferienhausanbieter Novasol hier 50 Appartements der fünf Sterne-Kategorie. Insgesamt sind bereits vier Investoren am Ausbau Proras tätig (https://www.welt.de/regionales/hamburg/article153682141/Aus-Hitlers-Erholungshoelle-wird-eine-Wohlfuehloase.html).
Der Berliner Investor Ulrich Busch kaufte zwei Blöcke für „nur“ 455 000 Euro – es ist heute der Preis für eine Wohnung!
Abb. 4. Prora. Blick aus dem „Vorfeld“ der „Blöcke“ auf die Ostsee und nach Binz im Süden.
Aufnahme: A. Leube. 2010, Juni.
Auch die anderen vier der fünf Blöcke wurden vom Staat an private Investoren verkauft. Der Denkmalpfleger Dr. Markus Sommer-Scheffler bedauert, dass „sich bisher zu einseitig die wirtschaftlichen Interessen der Investoren durchgesetzt haben“. Denkmalschutz ist nur „im Rahmen des Zumutbaren“ zu befolgen – eben mit Balkons zur See. So gehört nur noch Block V dem Land Mecklenburg-Vorpommern und Kreis Vorpommern-Rügen.
Abb. 5. Prora. 2015. Ferienwohnung vom Typ Maisonette (https://www.travelbook.de/uebernachten/deutschlands-
bizarrste-ferien-baustelle-nazi-ruine-wird-luxus-resort).
Abb. 6. Prora. Unter strengem Naturschutz stehende Stranddistel
(Eryngium maritinum) am Strand von Prora im Juli 2005. Aufnahme – A. Leube.