Ostseezeitung 9. Januar 1993
Bedeutender Rügener Heimatforscher
Mit dem Superintendenten Klaus Ewert in Bergen verstarb am 7. Dezember 1992 eine der großen Persönlichkeiten rügenscher Heimatforschung. Sein letzter Wunsch – die Schaffung eines Bergener Heimatmuseums – ging noch in Erfüllung. Die Mitarbeit an dessen Aufbau wie auch die Gestaltung und Erneuerung zahlreicher heimatkundlicher Projekte war ihm nicht mehr möglich. –
Klaus Ewert wurde am 7. November 1912 in Rogahlen/Ostpreußen als Sohn eines Pfarrers geboren. Nach dem Studium der Theologie an den Universitäten in Königsberg (heute Kaliningrad) und Tübingen schloss er seine Ausbildung 1939 mit dem zweiten theologischen Examen und der Ordination ab. Es folgten die leidgeprüften und schweren Kriegsjahre als Soldat.
Nach Gefangenschaft seit 1946 auf Rügen
Nach schwerer Kriegsverwundung 1943 und russischer Kriegsgefangenschaft bis August 1946 erreichte Klaus Ewert am 2. September 1946 mit seiner Ankunft in Saßnitz wieder die deutsche Heimat.
Bereits einen Monat später – am 1. Oktober – begann er seine seelsorgerische Arbeit als Pfarrer in Neuenkirchen, und wurde später, am 1. Advent 1949, als Pfarrer in Patzig eingeführt. Hier wirkte Klaus Ewert bis zum 1. September 1963. Nun übernahm er das arbeitsreiche Amt des Pfarrers und des Superintendenten des Kirchenkreises Rügen in Bergen.
Stets „in Reichweite“ und „im Rennen“
Am 31. Dezember 1978 wurde er in den „Ruhestand“ verabschiedet, wobei die Worte „i. R.“ (d. h. im Ruhestand) für ihn nur „in Reichweite“ oder „im Rennen“ bedeuteten.
In Patzig lernte ich Pastor Ewert 1963 als einen aufgeschlossenen und mit der rügenschen Geschichte und Kultur vertrauten Menschen kennen. Seit dieser Zeit bin ich Herrn Ewert auch über weite Entfernungen innerlich verbunden gewesen.
Aktiv war er in den folgenden Jahren z. B. in der Denkmalpflege tätig. So barg er beim Neubau der Apotheke neben der Post zahlreiches mittelalterliches Kulturgut aus der Zeit der Bergener Stadtentstehung.
Gleich wichtig war ihm auch die Sammlung rügenscher Heimat- und Geschichtsliteratur sowie die Aufarbeitung des reichen Kirchenarchivs der Bergener Pastorei.
Stellte neue Fragen an die Geschichte
In den letzten Jahren gab er sein Wissen auch in der Ostsee-Zeitung oder in kleinen Ausstellungen (z. B. am Rugard-Turm) der Nachwelt weiter. Und das war Heimatforschung im besten Sinne – nicht die alleinige Wiedergabe bekannter Erkenntnisse, sondern die vertiefende Erforschung unbekannter Geschichtsabschnitte und –ereignisse, verbunden mit dem Gewinn neuer Fragen an die Geschichte.
Hier hatte sich bei Klaus Ewert ein großes Wissen angesammelt, das er mit reifer Lebenserfahrung und in Weisheit zu vermitteln wusste. Gemeinsam mit einer Reisegruppe aus Flensburg habe ich das 1990 bei einer Führung in der Bergener Marienkirche beeindruckend erlebt.
So bleibt uns Klaus Ewert als ein bescheidener, einfühlsamer und stets hilfsbereiter Mensch in Erinnerung.
Der rügenschen Heimatforschung wird er auch als Integrationsperson und spiritus rector gerade in dieser schwierigen Zeit der Umbrüche, wechselnder Orientierungen und mitunter unüberlegter Neubeginne als Mahner und Warner fehlen.
„Wer den Besten seiner Zeit genug getan,
der hat gelebt für alle Zeiten!
(Schiller)